Der Heimatschutz Basel zeichnet seit 1969 fachmännisch renovierte Altbauten und vorbildliche Neubauten aus. Damit würdigt er herausragende Leistungen der Bau- und Renovationstätigkeit in Basel.

Bautenprämierung 2022

An seiner Jahresversammlung vom 26. Oktober zeichnete der Heimatschutz Basel Architekten und Bauherrschaft von drei sehr verschiedenartigen Objekten aus: die elegante Riehener Villa des Architekten Hermann Baur aus den dreissiger Jahren, ein Wohn- und Gewerbehaus im Matthäusquartier und die neu errichtete Genossenschaftssiedlung Burgfelderstrasse 216-240. Das Lob gilt dem Bauen und Renovieren im Bestand aber auch dem grossformatigen Neubau in einer anspruchsvollen Situation. Erfahren Sie mehr über die Preisträger 2022:

Haus Waltersgrabenweg 21, Riehen

Renovation Staehelin Meyer Architekten ETH SIA (2020-2022)
Bauherrschaft Privat

Bilder: Staehelin Meyer Architekten ETH SIA

Das von Hermann Baur 1935 errichtete Haus Frey befindet sich seit 2004 im Inventar für schützenswerte Bauten und wurde im Jahr 2014 unter Denkmalschutz gestellt. Das zwei-geschossige Haus steht im nordöstlichen Teil einer grossen, nach Südwesten abfallenden Parzelle in Riehen oberhalb des Friedhofs Hörnli.

Die kubische Grundform des Hauses erfährt durch Anbauten, eine gartenseitig durchlaufende, auskragende Terrasse und dem Flachdach eine differenzierte, asymmetrische Gliederung. Typisch für Hermann Baurs bevorzugte formale Elemente sind die Süd- und Westfassade mit baubronzenen Fenstern und verglasten Türen weitgehend geöffnet, während die Nord- und Ostfassade durch wenige kleine Öffnungen eher geschlossen wirkt. Im Inneren sind die Nebenräume zur Nordseite orientiert, während sich die repräsentativen Wohnbereiche nach Süden ausrichten.

Noch vor Projektierungsbeginn wurde in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege Basel-Stadt eine denkmalpflegerische Analyse ausgearbeitet, welche die Baute unter Berücksichtigung der 1979 erfolgten Umbau- und Erweiterungseingriffe auf deren Ursprünglichkeit untersucht. Grosse Teile der baulichen Struktur und erfreulicherweise auch der originalen Materialität zeigten sich unverändert, wenn auch zum Teil durch neue Schichten überdeckt. Der daraus resultierende Werteplan wurde zur Grundlage und Rahmen für die Sanierungsvorschläge und angedachten baulichen Eingriffe, welche in enger und konstruktiver Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft entwickelt wurden.

Die Umbauarbeiten widmeten sich einerseits dem Wiederaufbereiten der wertigen, bestehenden Oberflächen und Bauteile im Sinne der Wahrung des Denkmals – wie etwa den Solnhofer Steinplatten in grossen Teilen des Erdgeschosses – aber auch dem Ersatz und der Neuformulierung der nicht mehr originalen Küche und Bädern.

Sämtliches über die Jahrzehnte überstrichenes Holzwerk wurde restauriert, so zeigen sich die Türen und Einbauschränke wieder holzsichtig, während die Rahmen im originalen hellgrauen Farbton deckend gestrichen wurden.

Die neugestalteten Bereiche in Entrée und Küche werden definiert durch einen aufs Korn geschliffenen, zementösen Unterlagsboden, welcher sich gegenüber den Solnhoferplatten abgrenzt und die erhöhte Eingriffstiefe in diesem nordöstlichen Gebäudeteil unterstreicht.

Die Schreinereinbauten in Küche und Entrée wurden in lasierter Birke und aufgesetzten Griffen ausgeführt, als Küchenabdeckung dient eine rohe Arbeitsplatte aus Schwarzstahl.

Im Obergeschoss musste der teilweise noch vorhandene Korklinoleum ersetzt werden, da dieser in Folge verschiedener baulicher Veränderungen als nicht mehr restaurierbar eingestuft werden musste. Ein auberginefarbener Linoleum erstreckt sich als Ersatz über die Schlafräume des gesamten Geschosses und die gewundenen, gerundeten Treppentritte ins Erdgeschoss.

In einer zweiten Phase wurden die ausserordentlichen Fenster mit filigranen Profilen aus Baubronze saniert. Durch den Einsatz von Vakuumgläsern konnten sowohl bei den Schiebe- als auch bei den Flügelfenstern und Klappen sämtliche Profile erhalten, das Erscheinungsbild unverändert und die Energieeffizienz und Behaglichkeit gesteigert werden.

«Wir zeichnen diese höchst sorgfältige Renovation eines bedeutenden Bauwerks des Neuen Bauens aus mit grosser Ueberzeugung und gratulieren den Architekten und der äusserst aufgeschlossenen und engagierten Bauherrschaft zum tollen Ergebnis».

«Haus im Hof», Matthäusstrasse 7, Basel

Renovation/Umbau Piertzovanis Toewes Architekten in Zusammenarbeit mit GFA Gruppe für Architektur GmbH (2021)
Bauherrschaft Privat

Bilder: Simone Bossi Photographer

Als ein Wohnquartier für die Kleinbasler Arbeiter wurde das Matthäusquartier in kaum mehr als einem Jahrzehnt errichtet. Zwischen 1890 und 1900 entstanden innerhalb kurzer Zeit ein von gleichmässigen Blockrandbebauungen geprägter Stadtteil. Wie in vielen Hinterhöfen wurde auch hier an der Matthäusstrasse 7 ein kleiner Gewerbebetrieb direkt hinter dem Wohnhaus angesiedelt. Die zweigeschossige Werkstatt hat im Laufe der Zeit bereits einige Änderungen erfahren und wird nun aufgestockt, um unter dem Dach einen zusätzlichen Raum zu schaffen, der als Arbeitsraum, Wohnraum und Gästestudio dient. Unter Beibehaltung der First- und Trauflinien wurde das Dach in der Mitte aufgeklappt um sowohl mehr Höhe, als auch ein neues Fensterband zu erhalten. Die vorhandenen Materialien wurden angepasst und wiederverwendet. Der Dielenboden und das Fachwerk bleiben Teil des veränderten Hauses und begleiten es in neuem Gewand in den nächsten Lebensabschnitt. Auch die verzogenen und verdrehten Balken wurden ausgebaut, zugeschnitten, gebürstet und wieder sichtbar eingesetzt. Im Wechsel mit den präzise vorgefertigten Sperrholztafelnzeigen ihre Kerben und Risse Spuren vergangener Zeiten.

Die Last des ganzen Daches wird mit einer mittigen Stütze abgetragen, die sich allerdings der statischen Logik entzieht. In der denkbar ungünstigsten Form hält der aus Stahl gewalzte Ring ein Plädoyer für das Gestalten jenseits von Ratio und aufklärerische Nützlichkeitsstreben. Aufgelöst und mit glitzerndem Lack uberzogen wie ein Juwel, erzählt diese Trägerfigur als das einzig neue sichtbare Tragelement nicht von Tragen und Lasten, sondern vom Leichten und von Fröhlichkeit. Das Prinzip, eine Stütze so zu bearbeiten, dass sie nicht mehr als Stütze erkennbar ist, fasziniert nicht nur uns, sondern scheint seit dem Beginn des Bauens immer wieder ein Thema gewesen zu sein.

Obwohl das Projekt in der Stadtbild-Schonzone liegt und eigentlich Ziegeln für das Dach verwendet werden sollten, ist es gelungen, in Abstimmung mit der Stadtbildkomission einen differenzierteren Weg einzuschlagen. Das fein gewellte Zinkblech sucht den Anschluss an die halb industriellen und halb ephemeren Bauten des Hinterhofs.

Wir prämieren für den hervorragenden Umbau des Hinterhauses Matthäusstrasse 7, Basel das Architektenteam Piertzovanis Toews und die Bauherrschaft (Christina Stahlberger und Walter Brägger). Nicht nur für die kunstvolle Gestaltung (ein Stück Kammermusik in Architektur), auch als Vorbild für Nachhaltigkeit (Stehenlassen der alten Bausubstanz).

Peter Burckhardt

 

Auch ausgezeichnet als das beste Erstlingswerk vom Hochparterre (11.12.21):

«Hinterhofpoesie»

«Der Dachausbau im Basler Matthäusquartier ist strukturell einfach. Das einstige Sparrendach ist  zum Bandfenster aufgeklappt. Ein verborgener Stahlträger spannt zwischen den Flügelwänden  und ruht auf einem pittoresken, grün schimmernden Ring. Darüber trägt ein filigranes Holzwerk  eine gewellte Blechlandschaft mit gegengeneigtem Vordach, über die das Regenwasser rinnt und  in einer einzigen Kastenrinne abläuft. Der Innenraum setzt die alte Konstruktion neu in Szene  und taucht sie in elegantes Weiss. Das Treppengeländer, die Lampe und selbst der Waschtrog  sind aufwendige Designstücke. Diese unnachgiebige Liebe zur einfachen Konstruktion und zum poetischen Baudetail überzeugen und berühren.»

Wohnssiedlung «Sonnenfänger», Burgfelderstrasse 216-240, Basel

Architekur Nord GmbH, Architekten BSA SIA, (2020 – 2022)
Bauherrschaft ARGE Neue Wohnbaugenossenschaft Basel, Wohngenossenschaft Bündnerstrasse Basel

Bilder: Boris Haberthür

An der Burgfelderstrasse nahe der französischen Grenze konnte auf stadteigenem Terrain auf der Geländekante einer zur Rheinebene gehörenden Schotterterrasse diese grosszügige Wohnüberbauung errichtet werden, die der Heimatschutz Basel als herausragenden Wohnhausneubau im Jahr 2022 auszeichnet. Auf der finanziellen Grundlage zweier Wohngenossenschaften gelang die Realisierung dieses überzeugenden Wohnbauprojekts, das aus einem eingeladenen Wettbewerb als Sieger hervorging. Damit konnten insgesamt 125 bezahlbare und ausgesprochen attraktive Wohnungen an gut erschlossener Lage mit unver-baubarer Weitsicht geschaffen werden.

Der rund 200 Meter lange fünfgeschossige Baukörper ist in zwölf Wohneinheiten gegliedert, die zueinander in leicht abgedrehter Position verbunden sind. Durch die gestaffelte Ausrichtung der einzelnen Wohneinheiten ergeben sich attraktive Expositionen für die Befensterung und die im Winkel eingelassenen Balkone und damit auch ein optimierter Tageslichteinfall in die Wohnungen auf beiden Seiten.

Die Treppenhäuser liegen im Kern der Wohneinheiten. Sie vermitteln zu den seitlich angeordneten Wohnungen. Sämtliche Wohnungen erstrecken sich durch die gesamte Bautiefe von Süd nach Nord. In der Gebäudemitte bilden die Küchen eine Zentrumsfunktion. Aufgrund der raumhohen Türen und Fenster ergeben sich gut belichtete Durchblicke von der Strassenseite bis zur Gartenseite. Mittels faltbarer, ebenfalls raumhoher Trennwände lassen sich einzelne Raumabschnitte flexibel und temporär unterteilen. Reine Erschliessungsräume sind nicht nötig, da die zusammenhängende Raumabfolge diese Funktion übernimmt. Dank dieser Vielfalt räumlicher Dispositionen entsteht zusammen mit den beidseits angeordneten Loggien ein besonders hoher Wohnwert mit individueller Nutzung.

Die Klarheit und ästhetische Qualität der Bebauung zeigt sich einerseits in der Beschränkung der Materialien in weiss gestrichenem Kalksandsteinmauerwerk, Sichtbeton an den horizontalen Geschossbändern und in den Treppenhäusern. Zur grosszügigen Architektur tragen auch die geschosshohen Fensteröffnungen in grossformatigen holzsichtigen Fenster-rahmen und die schlicht gehaltenen Balkongeländer in Eisen bei. Sämtliche Materialien wirken aufgrund ihrer charakteristischen Eigenschaften und spezifischen Erscheinung. Auch das zarte Lindengrün der Storen setzt einen besonderen Akzent. Unnötige Elemente oder aufgesetzte funktionslose Dekors finden sich nirgends. Die weiss getünchten Fassadenflächen mit den horizontal durchdringenden Geschossbändern und den rhythmisch gegliederten vertikalen Fensterachsen verbinden den langgestreckten Wohnbau zu einem spannungsvoll gegliederten Baukörper von hoher architektonischer Qualität.

Ein besonders schönes Detail ist zudem noch hervorzuheben: Mit einer speziellen Form von Signaletik wurden am Bau die vielen Wohneinheiten auf originelle Weise sozusagen in Ergänzung zu den Hausnummern ausgezeichnet. Jeweils auf Augenhöhe von Kindern sticht bei den Hauseingängen auf beiden Fassadenseiten ein Baustein mit einer auffallenden Form wie beispielsweise einem Pyramidspitz, einer Kehle oder einer Schräge aus dem Bild des regulären Kalksandsteinmauerwerks heraus. Dadurch wird jede Hauseinheit auch für Kleinkinder, die noch nicht lesen können, erkennbar und von den anderen Hauseingängen unterscheidbar.

Der Preis des Heimatschutzes 2022 für den besten Neubau gebührt diesem hervorragenden Wohngebäude. Er geht an die kreativen Architekten, Nord GmbH Architekten BSA SIA und an die Trägerschaft, die beiden Wohngenossenschaften, ARGE Neue Wohnbaugenossen-schaft Basel und Wohngenossenschaft Bündnerstrasse Basel.

Bernard Jaggi

50 Jahre Bautenprämierung

Mit der Publikation «50 Jahre Bautenprämierung» blickt der Heimatschutz Basel auf mehr als 50 Jahre Prämierungsgeschichte zurück und stellt darin eine Auswahl der interessantesten Objekte in Bild und Text vor. Damit Renovationen in die Auswahl kommen, müssen sie denkmalgerecht sein und der historischen Substanz Rechnung tragen. Kompetenz und Verständnis dafür haben inzwischen bei vielen Architekten und Hausbesitzern ein hohes Niveau erreicht. «Die Prämierung von Neubauten war in den ersten Jahren nicht immer einfach», schreiben die Autoren Uta Feldges und Robert Schiess im Vorwort. «Das änderte sich erst in den 1980er Jahren, als eine neue Generation von Architekten am Werk war.» Blättern Sie durch 50 Jahre Prämierungsgeschichte!

Publikation

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Archiv

Seit mehr als 50 Jahren zeichnet der Heimatschutz Basel jährlich gute Renovationen, Umbauten und Neubauten aus. Hier finden Sie alle prämierten Objekte seit 1969.

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Liste der vom Heimatschutz Basel prämierten Bauten bis 1969