Rolf Brönnimann, 1975–1977 (Foto zVg)

Zum Gedenken: Rolf Brönnimann, der Erfinder des Abreisskalenders

Zu Beginn des neuen Jahres verstarb in Basel im Alter von 89 Jahren Rolf Brönnimann, ehemaliges Vorstandsmitglied und Obmann des Heimatschutzes 1975–1977.

Es war schon lange still geworden um ihn, doch in jüngeren Jahren hat er sich grosse Verdienste um die Basler Baukultur und Architekturgeschichte erworben. 1972 erschien der Band «Basler Bauten 1860-1910», eingeleitet von seinem Lehrer Hans Eppens, der festhielt, dass die Bauten des Historismus im 20. Jahrhundert lange Zeit als minderwertig und epigonal galten. Die Publikation von Brönnimann öffnete den Baslerinnen und Baslern die Augen und sie stand für eine Trendwende. Die Kunst- und Architekturhistoriker begannen sich für die Bauten der Gründerzeit zu interessieren, und in der Lokalpolitik kam es zu einer Abbruchdebatte.  

Die Siebzigerjahre war die Zeit der grossen Auseinandersetzungen, bei der es erstmals auch um Bauten des Historismus ging (Märthof, Stadttheater, Safranzunft.) Beim Durchblättern der Bände von Brönnimann – später folgen u.a. noch «Villen des Historismus» sieht man heute, wo der Abbruchhammer zuschlug und was überlebt hat. Der Autor hatte nicht nur Sinn für extravagante Einzelobjekte, sondern auch für das Gesamtbild, zum Beispiel für die wunderbaren geschlossenen Strassenzüge der Quartiere am Ring. Das alles wurde von den nachfolgenden Bauhistorikern und Denkmalpflegern vertieft und verwissenschaftlicht.

Als Heimatschützer hat Rolf Brönnimann auf einer populären Ebene in die politische Auseinandersetzung eingegriffen – mit einer Erfindung, die seitdem mehrfach und immer wieder kopiert wird. 1975 erschien der erste «Basler Abreisskalender». Man beachte die exakte Wortwahl. Pro Monat konnte man zwei Fotos als Postkarten abtrennen oder eben abreissen. Abgebildet waren jeweils Objekte, die bereits zerstört oder vom Abbruch bedroht waren. Auf dem Titelbild des ersten Kalenders war der Strassburger Hof am Petersberg 29 zu sehen, ein monumentales spätgotisches Gebäude, das 1937 dem Bau des Spiegelhofs weichen musste.

Mit den späteren Ausgaben verschob sich das Gewicht ganz auf die Bauten des Historismus oder der klassischen Moderne. Brönnimann plakatierte auch den Verlust von Interieurs wie dasjenige der Alten Bayrischen Bierhalle, deren Beseitigung eine der schlimmsten Sünden des Innerstadt-Immobilienbooms ist. Später hat er den Kalender noch dem Werk von einzelnen Architekten und Baubüros aus seiner geliebten Historismus-Epoche gewidmet.

Aus gesundheitlichen Gründen musste Rolf Brönnimann, von Beruf Gymnasial- und Reallehrer, seine gesellschaftlichen Aktivitäten früh reduzieren. Seine mit grossem Idealismus erarbeiteten Publikationen bleiben unvergessen und sind von grossem Quellenwert.

Christof Wamister